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Wilhelm
Steinitz
geboren am 17.5.1836
gestorben am 12.8.1900
Weltmeister
1866-1894

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USA


Wilhelm Steinitz wurde 1836 in Prag geboren, das heißt, er war ein Jahr älter als Morphy. Seine Entwicklung als Spieler war langsamer als die Morphy's. Langsam genug, um ihre Schachkarrieren nicht überlappen zu lassen. Sie spielten nie gegeneinander.

Der Ausgangspunkt seiner Laufbahn als Schachspieler war fürSteinitz Wien im Ausklang des Jahres 1858, gerade als Paul Morphy seine triumphale Reise nach Europa beendet hatte. Bis zum Jahre 1861 galt Wilhelm Steinitz als stärkster Spieler Österreichs. Seine internationale Karriere begann mit dem starken Turnier von London im Jahre 1862.

Das Londoner Turnier gewann Anderssen. Dieser galt nach der Abreise von Paul Morphy und dem Rückzug von Staunton aus dem aktiven Schachgeschehen als stärkster Spieler der Welt. Steinitz wurde sechster, hinter Anderssen, Paulsen, Owen, MacDonnell und Dubois. Wir können zu Recht davon ausgehen, dass Steinitz zu jener Zeit wesentlich schwächer spielte als Morphy . Steinitz galt zu dieser Zeit als außerordentlich starker und schöpferischer Kombinationspieler. In London spielte er gegen Mongredien eine seiner besten Kombinationspartien. Und so bekam er den Spitznamen "Der österreichische Morphy". Niemand hatte die Wandlung seines Stils vorhergesehen, die sich in den nächsten Jahren vollziehen sollte.

In den folgenden Jahren verbesserte sich das Spiel von Steinitz stetig. Er gewann mehrere Zweikämpfe, unter anderem gegen Dubois und Blackburne. Schliesslich spielte er ein Match gegen Anderssen im Juli 1866 und siegte mit +8 - 6 = 0. Von nun an wurde er als stärkster Spieler der Welt betrachtet, obwohl die nächsten Jahre unglücklich für ihn verliefen. Weder im Turnier von Paris noch im Turnier von Baden-Baden im Jahre 1867, in dem er Anderssen den Vortritt lassen musste, vermochte er erste Preise zu gewinnen.

Und doch war es während dieser Zeit, dass Steinitz's Stil eine revolutionäre Wandlung erfahren sollte. Von einem in erster Linie taktischen Spieler verwandelte er sich in den ersten strategischen Spieler der Schachgeschichte. Seine neue Erkenntnis war, dass man nicht durch den Willen allein siegen kann, selbst wenn man noch so kreative Angriffe ersinnt. Wenn keine Schwäche beim Gegner vorhanden ist, wird das nicht zum Erfolg führen! Stattdessen ist Angriff der logische Abschluss der Anhäufung kleiner Vorteile, die man sich in den Zügen zuvor verschafft hat. Diese Vorteile schlossen bessere Entwicklung, mehr Raum, die bessere Bauernstruktur, das Läuferpaar usw. ein.

Steinitz war der Erste, der verstand, dass die Erfindungsgabe im Dienste der im Schach vorhandenen internen Logik stehen muss. Und nur durch das Verständnis dieser Logik ist es möglich, gegen starke Gegner zu gewinnen. Er demonstrierte die Wichtigkeit dieser Standpunkte sowohl in seinen Schriften als auch in seinen Partien.

Steinitz's Entwicklung stellt den Beginn der Schachsystematik dar. Vor Steinitz bestand die Schachtheorie im Wesentlichen aus einer Sammlung von Tricks und Eröffnungsfallen. Mit Steinitz und seinen Anhängern begann die Theorie nicht nur die Eröffnung zu untersuchen, sondern auch das Mittelspiel und das Endspiel. Und, was am Wichtigsten war: man begann die logische Verbindung zwischen diesen verschiedenen Stadien der Partie zu verstehen. Obwohl sich herausgestellt hat, dass die Theorien von Steinitz nur als Richtlinien zu sehen sind, denen man nicht immer blind folgen darf, so sind sie doch bis heute das Rückgrat moderner Schachstrategie geblieben.

Dieser neuartige, und für seine Zeitgenossen völlig fremde Stil, brachte Steinitz nie gekannte Erfolge. Erste Plätze in den Turnieren von London 1872 und Wien 1873. Überwältigende Siege in den Zweikämpfen gegen Zukertort 1872 (+7-1=4) und Blackburne 1876 (+7-0=0). Zu diesem Zeitpunkt befand sich Steinitz auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Seine Überlegenheit über die restlichen Spieler in der Welt war über jeden Zweifel erhaben.

Jedoch: nach seinem Wettkampf mit Blackburne spielte er sechs Jahre lang überhaupt nicht mehr.

Dann, im Turnier von Wien im Jahre 1882, schaffte er es mit Mühe, zusammen mit Winawer den geteilten ersten Preis zu gewinnen.
Schliesslich wurde er in London 1883 nur Zweiter, Zukertort gewann das Turnier. Steinitz's Überlegenheit war durch die lange Zeit ohne Praxis dahingeschmolzen. Wieder war es zweifelhaft , ob er der Beste war. Die meisten Leute hielten Zukertort für stärker.

Schliesslich, im Jahre 1886, beschlossen beide Spieler einen Wettkampf auszutragen. Was diesen Zweikampf besonders interessant macht ist die Tatsache, dass beide Spieler entschieden, der Gewinner werde der offizielle "Weltmeister" sein. Dieser Titel war bis dahin im Schach unbekannt.

Das Match verlief sehr aufregend und Zukertort führte nach der ersten Partienserie, die in New York abgehalten worden war, klar. Aber während der nächsten Wettkampfphase, die in St.Louis stattfand, konterte Steinitz. Und schließlich, während der letzten Phase des Wettkampfs in New Orleans triumphierte er endgültig. Das Schlussresultat des Wettkampfs war +10-5=5 für Steinitz. Somit war Steinitz der erste Weltmeister der Schachgeschichte geworden!

Nach dem Titelgewinn konzentrierte sich Steinitz auf seine schriftstellerischen Tätigkeiten und spielte in den folgenden acht Jahren ausschließlich Zweikämpfe.

Er gewann ziemlich überzeugend im Jahre 1889 gegen Tschigorin (+10-6=1) und 1890/ 91 gegen Gunsberg (+6-4=9).

Die Veröffentlichung von Steinitz's "Modern chess instructor", wo mehrere taktisch zweifelhafte Eröffnungsvarianten wegen ihrer offenbaren strategischen Logik empfohlen wurden, führte zu einem Kabelmatch gegen Tschigorin, das Steinitz verlor.

1892 wurde daraufhin ein Weltmeisterschaftskampf zwischen Steinitz und Tschigorin ausgetragen, den Tschigorin auf dramatische Weise verlor (Schlussergebnis: +10-8=5 für Steinitz). Steinitz war nun 56 Jahre alt, aber es war klar, dass er seinen schachlichen Höhepunkt überschritten hatte.

Und schliesslich spielte er 1894, mit 58 Jahren, in New York und Montreal einen Wettkampf um die Weltmeisterschaft gegen einen praktisch unbekannten Spieler namens Emanuel Lasker. Lasker gewann leicht (+10 - 5 = 4).

Nach diesem Match nahm Steinitz's schachliches Können rapide ab. Er spielte noch in einigen wichtigen Turnieren: Hastings 1895, St.Petersburg 1895/96, Nürnberg, 1896, aber ohne Erfolg.

Im Jahre 1896/97 wurde in Moskau ein zweites Match gegen Lasker arrangiert. Steinitz verlor überwältigend: +2-10=5.

Nach diesem zweiten Wettkampf verschlechterte sich sein psychischer Zustand schnell. Psychisch krank und verarmt starb er 3 Jahre danach im Jahre 1900 im Alter von 64 Jahren. Mit dem Beginn eines neuen Jahrhunderts verlosch gleichzeitig der Stern des alten Jahrhunderts: Wilhelm Steinitz, einer der ganz Großen am Schachhimmel.