Lasker hatte kurz zuvor einen Wettkampf
gegen Curt von Bardeleben knapp gewonnen. Höchst überzeugend fiel hingegen sein
Wettkampfsieg über einen anderen Landsmann, den damals ebenfalls noch jungen Meister und
späteren bekannten Großmeister Jacques Mieses (1865-1954) aus. Der gebürtige Leipziger
war ein Schachspieler mit einem scharfen kombinatorischen Stil. In seinem
Eröffnungsrepertoire dominierten mit Weiß die Wiener Partie, das Nordische und
Schottische Gambit, mit Schwarz die Sizilianische und Skandinavische Verteidigung. Darauf
machte in der Folge auch Michail Tschigorin aufmerksam. Als er den Sieg Mieses auf
dem stark besetzten Wiener Turnier 1907 kommentierte, schrieb er: "Mieses ist einer
der wenigen beständigen Teilnehmer an internationalen Turnieren, die sich nicht scheuen,
Eröffnungen zu wählen, die zu mehr oder weniger lebhaften Partien führen."
Interessant ist, wie Lasker den passenden Schlüssel fand, um die
Wirkung dieser Eröffnungswaffe zu neutralisieren. Als Weißer begann er die Partie mit
1.d2-d4 oder 1.Sg1-f3, was den Gegner zwang, andere Wege zur Verschärfung des Kampfes zu
beschreiten. Gleich der erste Versuch - Mieses entschied sich mir Schwarz für die
Holländische Verteidigung - führte ihn im 37. Zuge in die Katastrophe.
Diese vernichtende Niederlage nahm Mieses die Lust, gegen Lasker
die Holländische Verteidigung anzuwenden. Nichtsdestoweniger holte er mit den schwarzen
Figuren nur einen halben Punkt aus vier Partien. Mit Weiß griff Mieses beharrlich zur
Wiener Partie, erlangte aber nur einmal reale Gewinnchancen. Er wäre vielleicht auch zum
Erfolg gekommen, hätte ihm nicht ein solcher Kontrahent wie Lasker
gegenüber gesessen.
In eine schwierige Lage geraten, spielte Lasker
höchst konzentriert und kaltblütig, forschte er erfindungsreich nach den kleinsten
Gegenchancen.
Lasker bewies seine völlige
Überlegenheit über den Gegner, indem er keine einzige der acht Partien verlor und nur
drei Punkteteilungen zuließ.